Die Sozialwahl
Bei der Sozialwahl 2017 wird neben anderen Vertretungen auch die Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung Bund gewählt. Dieses Gremium besteht aus 15 Vertretern der Versicherten und 15 Vertretern der Arbeitgeber. Die Wahl der Vertreter aus der Gruppe der Versicherten ist eine Listenwahl.
Eine kurze Beschreibung der Ziele und der Spitzenkandidaten der einzelnen Listen ist schnell zu finden: Listenvorstellung DRV Bund. Die einzelnen Namen auf den Listen sind natürlich auch einzusehen: Vorschlagslisten Sozialwahl. Da 15 Vertreterinnen und Vertreter zu wählen sind, bestehen die Listen aus jeweils bis zu 15 Personen plus Vertretern.
Listen und Listenverbindungen
Bei der Sozialwahl 2017 Deutsche Rentenversicherung Bund stehen 12 Listen zur Wahl. Zwölf Listen? Jein. Was man erst sieht, wenn man auch die Fußnoten des Stimmzettels (Muster einzusehen in den Vorschlagslisten) genau betrachtet: Bis auf eine Liste (BfA DRV-Gemeinschaft) sind alle anderen Listen sogenannte Listenverbindungen (wikipedia) eingegangen. Jeder Wähler, der für eine Liste einer Listenverbindung stimmt, wählt automatisch die anderen Listen mit. Der Vorteil für die einzelnen Listen: die 5%-Hürde der Wahl ist leichter zu überschreiten. Wie das Ergebnis der letzten Wahl 2011 zeigt, kann eine Listenverbindung einer schwachen Liste mit einem Ergebnis unter 5% zu einem Sitz in der Vertreterversammlung verhelfen. Für die Wähler bedeutet das, daß nicht wirklich eine Auswahl zwischen 12 Listen besteht, sondern letztendlich nur die Wahl zwischen einer Liste und 3 Listenverbindungen:
- Liste 1:
- BfA DRV-Gemeinschaft – Freie und unabhängige Interessengemeinschaft der Versicherten und Rentner in der Deutschen Rentenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung und Unfallversicherung e.V.
- Listenverbindung 1:
- ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
- Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Deutschlands e.V. / Kolpingwerk Deutschland / Bundesverband Evangelischer Arbeitnehmerorganisationen e.V.
- Industriegewerkschaft Metall – IG Metall
- Listenverbindung 2:
- TK-Gemeinschaft, unabhängige Versichertengemeinschaft der Techniker Krankenkasse e.V.
- BARMER VersichertenGemeinschaft – gewerkschaftsunabhängige Interessenvertretung für Mitglieder, Versicherte, Patienten und Rentner in den Sozialversicherungen seit 1958 – e.V.
- DAK Mitgliedergemeinschaft e.V. Gewerkschaftsunabhängig. Gegründet 1955. Versicherte und Rentner in der Kranken- und Rentenversicherung
- KKH-Versichertengemeinschaft e.V. – gegr. 1957 Freie und unabhängige Gemeinschaft von Mitgliedern, Versicherten und Rentnern der Kaufmännischen Krankenkasse – KKH
- Listenverbindung 3
- DAK-VRV e. V. DAK – Versicherten- und Rentnervereinigung seit 1977 bei der DAK-Gesundheit und der Deutschen Rentenversicherung
- DBB – Beamtenbund und Tarifunion
- Christlicher Gewerkschaftsbund Deutschlands – CGB
- Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS)
Eine humanistische, atheistische Weltanschauung bedeutet für mich persönlich, daß ich keine Vereinigung fördern möchte, die sich als explizit religiös sieht. Für mich sind daher die Listenverbindungen 1 und 3 nicht wählbar – auch wenn mir einzelne Listen der Listenverbindungen durchaus interessant erscheinen – nur, würde ich diese wählen, würde ich auch automatisch der in der Verbindung beteiligten religiösen Liste meine Stimme geben, das will ich nicht. Bei der letzten Wahl hatte keine der explizit religiösen Listen ein Ergebnis höher als 5%.
Detaillierte Blick auf einige ausgewählte Listen
Für mich sind also nur Liste 1 und die Listen der Listenverbindung 2 wählbar. Wie nun eine Auswahl treffen?
BfA-DRV-Gemeinschaft
Die BfA-DRV-Gemeinschaft hatte in der letzten Wahl mit deutlichem Abstand das beste Ergebnisse aller Listen. Sie bezeichnet sich als „freie und unabhängige Interessengemeinschaft. Auf Platz 1 der Liste findet sich Hans-Werner Veen. Er ist Landeschef der DAK (DAK Webseite). Platz 2: Gabriele Saidole. Sie ist Bezirksgeschäftsführerin bei der DAK (Bonner Generalanzeiger). Platz 3: Rüdiger Herrmann. Betriebschef der DAK (Hohenzollerische Zeitung). Platz 5: Klaus Overdiek; Überraschung: von der DAK (Neue Westfälische). Hm, wo ist hier die Unabhängigkeit? Auf Platz 6 findet sich Astrid Servos, Mitglied der CDU Hüllhorst. Bei der Sozialwahl 2011 kandidierte sie noch für die Liste der Barmer GEK (Sozialwahl 2011). Platz 7: Patrick Schäfer, Geschäftsführer der Junica GmbH. Ich fühle mich bei dieser Liste als Arbeitnehmer nicht so recht unabhängig vertreten.
TK-Gemeinschaft
Dieter F. Märtens ist Spitzenkandidat – und früherer Verwaltungsrat der TK (TK). Im Jahr 2011 bewirbt er, daß homöopathische und anthroposophische Arzneimittel von der TK bezahlt werden (heilpraxisnet). Nein, so jemanden möchte ich nicht wählen. Platz 2: Alexandra Balzer-Wehr. Bei der Sozialwahl 2017 zum Verwaltungsrat der KKH tritt sie auch an – allerdings auf einer anderen Liste, der KKH Versichertengemeinschaft. Heiteres Listenhopping? Ist mir etwas suspekt.
BARMER VersichertenGemeinschaft
Der Spitzenkandidat Ronald Krüger ist Mitglied des Verwaltungsrat der Barmer. Er kandidierte dort auch auf der Barmer-Liste, dies ist also konsistent. Der zweite der Liste, Achmed Date, betreibt offensichtlich eine Ferienwohnung bei Lüneburg und ist im Vorstand der Barmer Versichertengemeinschaft. Achmed Date wurde 2013 zum Vorstand der Arbeiterwohlfahrt Lüneburg und Umgebung bestimmt (az-online). Die Arbeiterwohlfahrt ist religionsneutral. Auf Platz 4 Dorothee Löhr, evangelische Pfarrerin (predigtpreis.de). Auf Platz 5 Ingrid Prager – offenbar eine sehr sozial engagierte Münchnerin (wochenanzeiger). In der Summe finden sich im Netz auf den ersten Blick keine aus meiner Sicht negativen Aussagen über Mitglieder dieser Liste. In der Listenbeschreibung wird betont, daß die Liste frei von Lobbyisten sei – meine Stichprobe unterstützt diese Behauptung. Da ist es doch Wert, sich die sachlichen Themen anzuschauen (Listenbeschreibung): für eine „sozial gerechte Rentenversicherung, die einen fairen Ausgleich zwischen Beitragszahlern und Rentnern zum Ziel hat“. Klingt ok – wenn man bedenkt, daß man z.B. beim Christliche Gewerkschaftsbund (Listenbeschreibung) das Ziel „sozial“ nicht finden kann.
DAK Mitgliedergemeinschaft
Sympathisch – die Liste stellt alle Kandidatinnen und Kandidaten ausführlich vor. Das spart das googeln und man weiß, woran man ist. Der Spitzenkandidat Helmut Aichberger ist ehemaliger Bankangestellter aus Krailling (selbstverwaltung.de). Die Selbstdarstellung der Liste betont soziale Aspekte.
KKH-Versichertengemeinschaft
Die Liste besteht aus nur einem Mitglied, Erich Balser, sowie 3 Vertretern. Erich Balser ist Gemeinderat in Fernwald – also ein Genosse und somit sympathisch. Das Programm überzeugt mich nicht ganz – die Ablehnung einer Grundrente erscheint mir nicht klar begründet.
Fazit
Zusammenfassend erscheint mir die Listenverbindung 2 am sympathischsten, die Zahl der Lobbyisten und Personen in Führungspositionen bei Krankenkassen erscheint mir hier minimiert. Vermutlich werde ich die Barmer Versichertengemeinschaft wählen, die mit dieser Liste verbundene DAK Mitgliedergemeinschaft und die KKH Versichertengemeinschaft erscheinen mir akzeptabel – nur leider muß ich mit der ebenfalls verbundenen TK-Gemeinschaft eine Kröte schlucken, die vermutlich die meisten Sitze in dieser Listenverbindung bekommen wird.
Bild: Pixabay