Kultur oder archaische Symbolik? Kreuze in den Bergen

Der Mount Everest wirkt auch ohne Gipfelkreuz als erhabenes Naturwunder. In den bayerischen Alpen dagegen ist im vergangenen Sommer ein seltsames Theaterspiel ausgebrochen. Beteiligte: ein Unbekannter, der mit einer Axt unter anderem das Gipfelkreuz des Schafreuters fällt (Spiegel), Neonazis, die ein provisorisches Kreuz errichten (Süddeutsche), Mitglieder des Deutsche Alpenvereins (DAV) aus Bad Tölz, die das provisorische Nazi-Kreuz entfernen und durch ein eigenes ersetzen (Münchner Merkur), und erneut ein (weiterer oder der gleiche) Unbekannte, der das Gipfelkreuz erneut zerstört (Süddeutsche).

Klar ist  die „Identitären“ vertreten keine „abendländische Werte“, sondern Faschismus und Menschenverachtung. In der Mitgliedszeitschrift DAV-Panorama (6/2016, Veröffentlicht im November) wird im Artikel „Der Haken mit den Kreuzen“ auf die Geschehnisse eingegangen, wobei man besser über die aus meiner Sicht unglückliche Titelwahl hinwegsieht – Wortspiele und das Dritte Reich vertragen sich in meinen Augen nicht.

Offensichtlich empfinden Teile der Menschen in Bayern und Deutschland Kreuze als Ausdruck ihrer Kultur. Das respektiere ich. Ich als religionsfreier Humanist empfinde die Sitte, Kreuze, Symbole brutaler Mordinstrumente, an prominenten Stellen zu präsentieren, bestenfalls als suspekt – sei es auf Berggipfeln oder an Wegen im Tal. Ich bitte, auch diese Empfindung zu respektieren.

Konfessionsfreie Menschen stellen mit knapp 37% in Deutschland die größte Bevölkerungsgruppe (Fowid). Als Religionsfreier ist für mich die Selbstverständlichkeit, mit der Kreuze auf Bergen verteidigt werden, befremdend. Warum müssen wir die Berge für Symbolik mißbrauchen, reicht nicht ihre reine Präsenz als Naturdenkmal? Ich stimme daher völlig mit Reinhold Messner überein (Interview in der Süddeutschen): Religiöse oder ideologische Symbole jedweder Art gehören nicht auf Berge – denn diese gehören alle Menschen. Allerdings sehe ich wie er das mutwillige Zerstören als Vandalismus an. Anstatt Axt oder Vorverurteilung wünsche ich mir eine gesittete gesellschaftliche Diskussion – der DAV könnte hier das moderierende Podium bieten.

Referenzen:

Editierung am 28.11.2016.