Autobahnmaut – oder was geht denn hier ab?

Die deutschen Straßen und zugehörige Infrastruktur sind renovierungsbedürftig. Dazu braucht es Geld. Jetzt könnte man natürlich so ehrlich wie die SPD sein und Steuererhöhungen verlangen, die dann zu diesem Zweck genutzt werden könnten (tagesspiegel). Denkbar wäre auch eine allgemeine Maut für In- und Ausländer, die ehrlicherweise auch so genannt und diskutiert werden sollte. Oder man könnte, wie CSU und CDU, Steuererhöhungen kategorisch ausschließen. Möglicherweise hat man jedoch auch schon bei der CSU festgestellt, daß der Staat schlichtweg mehr Geld benötigt. Da käme so eine Maut, natürlich nur für Ausländer, ganz recht. Ist ja keine „Steuer“, und Deutsche zahlen laut CSU sowieso nicht. Zumindest erstmal nicht?

Die deutschen Bürger wollen keine allgemeine Maut

Die Mehrheit der deutschen Bürger will keine Autobahnmaut – zumindest dann nicht, wenn sie selbst dafür zahlen sollen: Laut einer Emnid-Umfrage für den Focus lehnen 56% der Befragten eine allgemeine PKW-Maut ab. Nur wenn die Maut ausschließlich für Ausländer gelten würde, ergibt sich eine Zustimmung von 56%; was in meinen Augen hauptsächlich eine recht beschämende Variante des Sankt-Florian-Prinzips ist. Eine neuere Umfrage von Forsa für das Handelsblatt ergibt ein ähnliches Bild. Eine Mehrheit von 41% ist gegen eine Autobahnsteuer jeglicher Art, 35% würden eine Maut nur für Ausländer akzeptieren und 22% wünschen sich eine generelle Maut für alle. Interessanterweise scheren hier die Befragten CSU-Anhänger aus: mit 37% bzw. 48% befürworten sie eine generelle Maut bzw. eine solche nur für Ausländer.

Alle Parteien im Bundestag außer der CSU wollen keine Maut

Merkel, und somit vermutlich auch die CDU, wollen keine Autobahnmaut (Süddeutsche). Die Linke wollen sowieso keine (Linksfraktion). Für die SPD wäre eine Maut unsozial (SPD). Ach ja, selbst die FDP wäre dagegen (Finanznachrichten.de). Selbst die Grünen, obwohl immer mal ein bißchen unentschlossen (Tagesspiegel), lehnen in ihren Wahlprogrammen in Bayern (Augsburger Allgemeine), als auch im Bund (Web.de), eine allgemeine PKW-Maut ab.

Nur die Lokalpartei und kleinste Fraktion im Bundestag, die CSU, mit einem bundesweiten Stimmenanteil von 7,4%, möchte die Autobahnmaut (tagesschau). Oh – auch die AFD könnte sich das vorstellen, allerdings nur nach einem Volksentscheid (AFD). Und auch die Reisemanager hätten gerne eine Maut – aber bitte nur für ausländische Gäste und dafür besser die Bettensteuer abschaffen (Welt.de)

EU wird sich querstellen

Und natürlich Europa: abgesehen davon, daß eine einseitige Benachteiligung von Ausländern schlichtweg dem sozialen Gedanken widerspräche, machen auch europäische Gesetze eine „Ausländermaut“ höchstwahrscheinlich unmöglich, so wie bereits bei der LKW-Maut ein entsprechendes Ansinnen, nur Ausländer zahlen zu lassen, ausgebremst wurde.

In die Zukunft gedacht

Was wäre nun, wenn eine Bundesregierung tatsächlich die PKW-Maut für alle, inklusive Entlastung für deutsche Autofahrer bei der KFZ-Steuer einführte?

Ignorieren wir mal die rechnerischen Probleme, daß auch wirklich kein deutscher Autofahrer mehr bezahlen soll als heute, selbst nicht die Fahrer von steuerbefreiten Elektrofahrzeugen (Spiegel.de). Ignorieren wir den sozialen Aspekt, daß Autobahnvielfahrer, die vermutlich eine komplette Jahresmaut Maut zahlen müssten, eine höhere Steuerentlastung bekommen müßten gegenüber Nicht- oder Wenignutzern. Oder sollen auch KFZ-Besitzer, die Autobahnen gar nicht nutzen, einen Steuernachlaß bekommen? Auch wenn sie gar kein „Pickerl“ kaufen werden? Viel Spaß beim Berechnen.

Selbst wenn wir all das ignorieren: Die Einnahmen werden vermutlich überschaubar bleiben, man kann wohl froh sein, wenn die entstehenden bürokratischen Kosten gedeckt werden können (SWR.de). Denn: nur 5% der Autobahnnutzer sind Ausländer. Der Rest: deutsche Autofahrer. 95%.

Auch dann, wenn die Maut für alle gerecht und ohne zusätzliche Kosten für jeden einzelnen eingeführt wurde –  die Entlastung über die KFZ-Steuer ist trügerisch: In Zukunft würden sich die KFZ-Steuer und die Maut vermutlich unabhängig voneinander entwickeln. Es ist nicht zu vermuten, daß auch bei zukünftigen, möglichen Mauterhöhungen ähnliche Kompensierungen bei der KFZ-Steuer stattfinden werden. Letztendlich wird es, langfristig, sicherlich auch für deutsche Autofahrer teurer werden.

Resüme

Es ergibt sich also folgendes Bild: Die Deutschen wollen keine allgemeine Autobahnmaut, allenfalls ausschließlich für Ausländer. Die Parteien des Bundestags, mit Ausnahme der 7,4%-CSU, wollen keine Autobahnmaut. Das von der CSU anvisierte Modell mit Entlastungen über die KFZ-Steuer wird vermutlich von der EU abgelehnt werden. Zudem werden eine Erhebung der Maut und eine Anpassung der KFZ-Steuer in einer Art und Weise, so daß kein deutscher Autofahrer mehr zahlen muß, vermutlich unmöglich sein. Und vermutlich wird hier ein bürokratisches Monster geschaffen, daß kaum die Unkosten decken wird. Schon gar nicht kann die Bevorteilung deutscher Autofahrer gegenüber ausländischen Gästen für die Zukunft garantiert werden.

Meine Erwartungshaltung: die Maut wird kommen.

Ergänzung 5. November 2013: Heute hat die Süddeutsche einen weiteren, lesenswerten Artikel publiziert: gegen eine Flatrate-Maut, für ein intelligentes Verkehrssteuerungssystem.

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